In meiner Arbeit als Silberschmiedin und beim Radieren bin ich täglich unmittelbar mit den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Metalle konfrontiert. Da ich beim Treiben von Metall viel mit dem Gehör arbeite, stellt sich mir ausserdem immer wieder die Frage, welchen Zusammenhang es zwischen Ton, Bild und Körper gibt. Dieses Interesse führte mich zu einer intensiven Beschäftigung mit dem Phänomen der Chladnischen Klangfiguren und zu einer Auseinandersetzung mit unserer Vorstellung von Ordnung und Chaos, Zufall und Gesetzmässigkeit.

Der Wissenschaftler E. F. F. Chladni (1756 –1827) war der erste, dem es gelang, Töne experimentell sichtbar zu machen: Er versetzte eine mit Sand bestreute Metallplatte in Schwingung, indem er mit einem Geigenbogen an ihrem Rand entlangstrich und sie so zum Klingen brachte. Der Sand ordnete sich auf der vibrierenden Platte zu eigenartigen Mustern, den Chladnischen Klangfiguren.

Zunächst ätzte ich in einer ersten Arbeit (2002) Chladnische Klangfiguren in runde Platten aus Aluminium, Stahl, Messing und Kupfer, die mir anschliessend als Druckplatten für Radierungen dienten. Zentral war für mich in diesem Zusammenhang, dass sich der von mir erzeugte Ton über den Akt des Druckens als Klangfigur im Bild manifestierte und damit eine neue Qualität erhielt.

In einer zweiten Arbeit (2005), den Chladni-Schalen, habe ich dann nach einem Volumen, einem Körper zu dem im Bild sichtbar gewordenen Ton gesucht. Aus diesem Prozess heraus entstanden drei aus Silber getriebene Schalenobjekte. In jeder der handpolierten Schalen liegt lose eine matte, 1 mm dicke Stahlplatte, in die eine Chladnische Klangfigur eingeätzt ist. Stosse ich die silbernen Schalen an, schaukeln sie hin und her, ohne ihr Gleichgewicht zu verlieren, und finden langsam wieder in die ihnen eigene Mitte.

Mit meinen Chladni-Schalen habe ich Gefässe geschaffen, die keine Gefässe im herkömmlichen Sinne sind: Die Leere in ihrem Innern sicher bergend ruhen sie, ohne fest auf einer Standfläche zu stehen, und die sie abschliessende Stahlplatte ist kein Deckel, der abgenommen werden kann. Die als empfangender Gebrauchsgegenstand vertraute Form der Schale ist hier zum reinen Volumen geworden, rätselhaft und irritierend. Der so in Bild und Körper manifest gewordene Ton weckt im betrachtenden und berührenden Gegenüber Erstaunen, Neugier und Fragen.

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